Handpuppen-Engel für Kindertherapeutin
„Frech und lustig soll der Engel aussehen“, lautete der auf den ersten Hörer seltsame Auftrag einer lieben Kollegin, die in ihrer Praxis mit Kindern und Handpuppen arbeitet. Sie hatte nämlich nur einen Teufel auf Lager, weshalb einem Kind eines x-beliebigen Tages das engelhafte Pendant abging. Das gab es allerdings nicht, weil die Therapeutin noch keine für sie passende Engel-Handpuppe gefunden hatte. Was es nicht gibt, muss eben noch geschaffen werden. Ein Versuch in Filz sollte es wert sein.
Ein frecher Handpuppen-Engel entsteht
Zum Glück hatte sie für mich eine Vorlage parat. Als Anhaltspunkt war mir das eine große Hilfe, denn wenn ich einmal frech drauf loslege, könnte das ebenso gut den Gedanken des verrückten Hutmachers entspringen, nachdem er beim Fünf-Uhr-Tee zu viel schwarzen Tee getrunken hat. Und das passt dann vermutlich eher in die Kategorie „Wahnsinn trifft Kreativität“ als in eine Beratungsstunde. Meine Aufgabe war nun den herzigen zweidimensionalen Engel, den die Nichte der Auftraggeberin gebastelt hatte, dreidimensional als Handpuppe zu verfilzen. Gesagt, getan. Der erste Versuch scheiterte, weil das Gesicht an einen Grufti erinnerte, der fünf Tage lang durchgefeiert hatte. Die Augenringe reichten bis zum Kinn und der Mund war zu einem Grinsen verzerrt, das eher an Jack Nicholsons Joker-Darstellung erinnerte als an einen lustigen Himmelsboten. Ganz zu schweigen davon, dass der Durchmesser beider Arme auf Strohhalmgröße geschrumpft war, weshalb es mir beim Probespielen das Blut in den Fingern abschnürte und sie einschliefen.
Es kann nur besser werden
Nein, so ein Unding darf die Filzreichsche Manufaktur natürlich nicht gen Auftraggeber verlassen. Nach kurzer Nachfrage, ob Form und Farbe prinzipiell ihren Vorstellungen entsprächen, startete ich nach dem ersten Desaster eine verbesserte Neuauflage. Lage und Durchmesser der Arme wurden optimiert, Flügel und Haarpracht wurden in der Urform beibehalten. Das Gesicht blieb unangetastet rein hautfarben – zumindest während des Filzprozesses. Nach erfolgter Schrumpfung der Wolle und Ausformung der Hände und des Kopfes war das Werk vollbracht. Das Sternenkleid akkurat, die Arme am richtigen Platz und meine Finger hatten genügend Spielraum. Das Gesicht erhielt seine freche Optik dank Stickgarn. So durfte der freche Engel seiner neuen Besitzerin gegenübertreten. Die beiden mögen vielen Kindern eine Stütze in schweren Zeiten sein.
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