Die Waschküche

Filztinis haben ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Wasser. Könnten Sie ohne warmes Wasser das Licht der Welt gar nicht erblicken, sehen sie in späteren Jahren keinen Bedarf dafür. Prinzipiell fügt ihnen Nässe allerdings keinen Schaden zu, obgleich sie an Haltung verlieren können wenn sie pitschnass werden. Ihr verfilztes Fell ist generell schmutz-, geruchs- und eben auch bis zu einem gewissen Grad wasserabweisend – Nieselregen perlt von ihnen ab, anhaltender Salzburger Schnürlregen wird sie früher oder später triefend vor Nässe machen. Der Wollfelz (anatom. für die äußerste Körperschicht eines Filztini) ist dauerhaft nämlich nicht in der Lage, das Wasser abzustoßen und saugt sich voll.

Wenn es notwendig wird – besonders vor offiziellen Anlässen –, Dreckfinken wie Quidam von Confusus zu putzen, ist dies möglich. Einige Filztinis schaffen es dann doch, trotz schmutzabweisendem, filzigem Pelz sich immer wieder richtig vollzukleckern. In solchen Fällen werden sie in die Waschkuchl (österr. für Waschküche) des Filzreichs® zitiert, die mit Kesseln, Waschzuber und Waschbrettern ausgestattet ist. Sie ist der Manufaktur angeschlossen. Neumodische, automatische Geräte gibt es dort mittlerweile nicht mehr. Und dazu kam es so…

Vorkommen und Therapie der Malava-Phobie

Filztini scheuen verschlossene, runde, enge Nassräume aus Metall, wie ein Schaf ein Wolfsrudel im Schafspelz. Diese Scheu, die erstmals in der Ritter von Confusus-Linie auftrat, verbreitete sich wie ein schlechter Scherz. Kein Adelsgeschlecht, das heute nicht Reißaus nimmt vor sich drehenden Metalltrommeln. Schätzungen bedarf es keiner, hundert Prozent der Bevölkerung sind von diesem Phänomen betroffen. Definitiv. Manchmal fürchten sich Kinder sogar vor Blechtrommeln. „Malava-Phobie“ lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für dieses Phänomen und leitet sich ab von der lateinischen Bezeichnung „Machina lavatoria“ (lat. für Waschmaschine). Praktische Bedeutung erlangt bei Kindern die „Malava-Phobie“ meist nach den ersten Spielversuchen im Gatsch (österr. Mundart für Schlamm, Matsch).

Forscher haben ihre Bemühungen, diese Angststörung medikamentös zu behandeln, mangels Erfolg mittlerweile eingestellt. Psychotherapeutische Interventionen wie Verhaltenstherapie oder Existenzanalyse, schlugen ebenfalls fehl – einzig kunsttherapeutische Methoden zeitigten vereinzelt positive Wirkung. Besonders im Bereich der Archetypenforschung entdeckte Häuptling Caguju, Wissenschafter auf dem Gebiet der Psychoanalyse, mögliche Motive und entsprechende Lösungsansätze. In manchen Adelshäusern sind aus diesem Grunde KunsttherapeutInnen beschäftigt, um in extremen „Blechtrommel“-Fällen positiv einzuwirken. Zum Schutze aller Filztini erging von höchster Stelle letztlich ein Dekret, sämtliche Waschmaschinen aus dem Filzreich® zu verbannen. Dies wurde in Windeseile ordnungsgemäß durchgeführt. Das „Waschkuchl-Prozedere“ wird als Alternative überallorts [sic!] propagiert.

Das Waschkuchl-Prozedere in zehn Schritten erklärt

Am Filzreichschen Hofe wird nach traditioneller Art und Weise gewaschen. Vorsicht ist dabei die Mutter des Waschbretts. Allerdings sollte keinesfalls ein Waschbrett verwendet werden.

  1. Man erhitze in einem Waschzuber aus Messing oder einer Waschschüssel aus Marmor Wasser auf Wohlfühltemperatur. Nicht zu heiß, nicht zu kalt – keinesfalls kochend. Filztini sind zwar, im Gegensatz zur menschlichen Haut, nicht verbrühgefährdet, trotzdem können sie Siedepunkte nicht leiden. Sie lieben es wohltemperiert – auch musikalisch.

  2. Etwas Olivenseife, Schafmilchseife, neumodisches Flüssigwollwaschmittel oder Seife aus „Palm-Olive“ dem warmen Wasser beimengen. Entweder ein kleines Stückchen darin auflösen oder die Seife hineinschmeißen, kurz bis zur leichten Trübung des Wassers umrühren und wieder herausfischen.

  3. Bei grober Verschmutzung reibe man die kontaminierte Felz-Stelle entsprechend mit etwas Wasser und Seife – vorsichtig – ein. Man bedenke bitte den Kitzelfaktor.

  4. Im nächsten Schritt lade man den Filztini höflichst ein, sich in den Waschzuber zu begeben. Sollte kein Zuber aus Messing, sondern nur ein Waschbecken aus Porzellan, oder bei allen Krönchen im schlimmsten Falle gar nur aus Keramik, vorhanden sein, muss die Anrede mit „Eure Felzlaucht“ erfolgen. Andernfalls wird der Sprung ins wohlige Nass vermutlich verweigert. Schmeicheleien wiederum ziehen immer.

  5. Nun ist große Willenskraft erforderlich. Man drücke den Körper nun in die Seifenlauge und halte ihn unter Wasser. Sollte nur eine partielle Verschmutzung vorliegen kann auf eine Vollwäsche selbstredend verzichtet werden.

  6. Hat sich der Felz vollgesaugt, kann die betroffene Stelle sanft gerubbelt werden. Unter keinen wie auch immer gearteten Umständen – N I E M A L S – darf ein Filztini gerieben, geknetet oder gewrungen werden. Anstand und Respekt verbieten auch jedwede Krafteinwirkung sowie Druck-, Quetsch- oder Schleudertätigkeit. Man behalte – I M M E R – die Malava-Phobie im Vorder- und Hinterkopf.

  7. Ist die Waschung gelungen, lieben es die kleinen Filzreich®-Bewohner ungemein, unter fließendem Wasser die lästige Seife loszuwerden. Seife schadet ihrem Felz nachhaltig.

  8. Um auf Nummer sicher seifenfrei zu gehen, ist ein Tauchgang in einer Schüssel mit Essig versetztem Wasser optimal. Achtung: Filztini sind allergisch auf Balsamico, Rotweinessig und Apfelessig. Ein wohl dosierter Spritzer Essigessenz oder stinknormaler Hesperidenessig ist hingegen Balsam für den Felz.

  9. Rollen Sie Ihren Filztini in ein flauschiges Handtuch und drücken Sie ihn vorsichtig darin aus.

  10. Ziehen Sie Ihren Filztini feucht in Form, zupfen Sie ihn in Pose und polstern Sie bei Bedarf das Maul mit etwas zusammengeknüllter Küchenfolie aus (Insider verwenden statt Plastikfolie Füllwolle). So possierlich lassen Sie ihn an einem warmen, luftigen Fleckchen trocknen. Filztinis sitzen besonders gern auf Champagnerflaschenhälsen in der Schlossküche, wo sie den Bassenatratsch in allen Einzelheiten aufsaugen können.

Abschließende Anmerkung der Gründerin:
Sollte das Prozedere wider Erwarten unklar sein, zögern Sie nicht, sich an Alfonso von Hameln I. zu wenden. Er hilft in diesen Fragen gerne weiter. In der Schlossküche wird gemunkelt, er sei eine heimliche Liaison mit einem Wiener Waschweib eingegangen…

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